E-Mobil
Januar 2015: Wie alle begann…
Elektromobilität – mittlerweile überall angekommen. Oder?
Persönlich hat mich die Technik dahinter immer begeistert – als Modellflieger haben mich die Vorteile von E-Motoren verbunden mit einer guten Akkutechnik schon immer überzeugt. Allein die Umsetzung in die KFZ-Technik war noch deutlich hinter den Anforderungen zurück.
Klar ist das, was Tesla auf die Räder stellt, der sprichwörtliche Hammer. Ich gebe eine gewisse Affinität zu PS-starken Fahrzeugen reumütig zu, hatte ich doch selbst zu Studententagen gern große, reisetaugliche Fahrzeuge (die alt aber billig waren).
Aber ehrlich – eine Probefahrt mit einem Tesla hat schon was. Seit meiner Überführungsfahrt eines Porsche Turbo für einen studentischen Arbeitgeber hatte ich kein vergleichbares Bauchgefühl…
Ein Bekannter stieg dann auf eine(n) Renault ZOE um, was mich dann doch mal etwas genauer hinschauen ließ. Gut, für einen ZOE, E-Smart oder Ähnliches konnte ich mich dann doch nicht erwärmen – mit diversen Zweirädern, einem herkömmlichen Smart und einem nicht ganz so klimafreundlichen Modell einer deutschen Premiummarke waren der Erweiterung des Fuhrparks schon platztechnisch Grenzen gesetzt.
Aber da war doch mal etwas…
Anfang 2012 wurde ein seltsames Gefährt vorgestellt, dass mich stark an meinen C1 erinnerte (das ist diese 2-rädrige Knutschkugel, die BMW eine Zeitlang als Roller verkaufte und die mir immer noch treue Dienste leistet). Ausgerechnet die Franzosen warfen mit dem ZE Twizy einen Sympatieträger auf den Markt, der rein elektrisch immerhin halbwegs realistische 60 bis 70km Reichweite hat und an jeder Steckdose geladen werden kann. Ein schmaler Zweisitzer mit puristischer Ausstattung („reduce-to-the-max“) und einem klaren „Ist der süß!“-Effekt.
Tatsächlich kam der Winter und ein gerade einmal 6 Monate alter Twizy wechselte zu einem vertretbaren Preis den Halter.
So, nun stand er erst mal da. Nach einigem Hin und Her in Garage und Stellplatz waren dann auch alle Fahrzeuge halbwegs sortiert und untergebracht. Die Verlegung zweier neuer Stromkreise war angesichts der relativ geringen Anforderungen (Anschluss Schuko 16A, Ladestrom etwa 2200W) kein Akt.
So weit, so gut. Trotz Heimlademöglichkeit beruhigt es aber doch, auch unterwegs „tanken“ zu können. Dazu bedurfte es noch der Überwindung weiterer Formalismen in Form von Stromlieferungsverträgen, die auch 10 Jahre später noch erforderlich sind, sollte man keine feste Lademöglichkeit an der Arbeitsstelle haben.
Und die Praxis?
Ein wenig gewöhnungsbedürftig natürlich. Wie man überhaupt einiges anders sieht. So wird der Umgang mit dem Gaspedal zu einer durchgehenden sportlichen Herausforderung, deren Erfolg sich in der dynamischen Änderung der Reichweitenanzeige unmittelbar niederschlägt. Ein gefühlvoller „Gas“-fuß amortisiert sich hier sofort, was durch sparsamen Gebrauch der Bremse und der damit verbundenen Nutzung der Rekuperation (= Umsetzung der Bewegungsenergie in Strom durch den dann als Generator wirkenden E-Motor) noch nachhaltig gesteigert werden kann. Erstaunlich, wie gut das funktioniert – offenbar ja so gut, dass Renault die Bremsanlage insgesamt recht zurückhaltend ausgelegt und der Rekuperation den Großteil der Bremswirkung zugedacht hat!
Im Alltag gewöhnt man sich recht schnell dran, so dass auch der eine oder andere schnelle Ampelstart, den der Stromer dank des von Null anliegenden maximalen Drehmomentes verblüffend sportlich absolviert, „drin“ ist.
Wer durch verkehrsberuhigte oder sonst wie stark fußgängerfrequentierte Bereiche fährt, muss dagegen überaus achtsam sein. Da der Stromer im Schritttempo wirklich fast unhörbar ist, tritt einem der eine oder andere recht unvermittelt vor das Auto und erschreckt höllisch, wenn entweder die Bremsen quietschen oder die Hupe ertönt.
2020/21/22 war Corona. Folge: Der Kleine stand eigentlich nur rum, da kaum noch Mobilität erforderlich war. Unterwegs sind wir fast ausschließlich gemeinsam mit dem Smart, da es so gut wie keine Außentermine gibt, die nicht einfacher z.B. mit dem Fahrrad erledigt werden können.
Insofern war es konsequent, Twizy ein neues Zuhause zu geben. Da auch die Enkel immer größer – und mobiler – werden, waren die bisheigen 2 Sitzplätze im Smart auch auf dem Prüfstand – und für zu leicht befunden.
Es fand ein Seat Mii electric aus dem Hause VW und baugleich mit VW eUP und Skoda Citigo (alle laufen bei Skoda vom Band), den Weg in unseren Fuhrpark. Im Sommer 2021 war die Auswahl überschaubar, da VW die Produktion eingestellt hatte. Neuwagen waren aus Beständen der Händler und hatten die Prämie schon verbraucht – und die Preise trotzdem oben.
Aber als Vorführer und etwa 1 Jahr alt traten dann 83 sehr muntere PS mit 4 Türen auf den Plan. Mit 200 bis 250km Reichweite abhängig von Fahrprofil und Temperaturen ist jetzt tatsächlich alles in und um Berlin erreichbar.
Warum VW die Produktion eingestellt hat, ohne eine Alternative bereit zu haben (ID3 ist deutlich eine Klasse größer), verstand kein Mensch und auch VW hat jetzt reagiert: Die Neuauflage ist bestellbar und angesichts der Benzinpreise kaum noch zu bekommen. Somit werden die Drillinge inzwischen zu Mondpreisen gehandelt – meist auch ohne Zuschussmöglichkeit, weil die der Verkäufer schon abgegraben hat…
Und die anfängliche Skepsis zur tatsächlichen Reichweite ist erwartungsgemäß dem Streit um den Fahrersitz gewichen – denn der Kleine ist ein echtes Spassauto. Das völlige Fehlen von Motorgeräuschen hat etwas magisches und lässt mit weder 6 noch 8 Zylinder vermissen. Und auch wenn sich rund 80 PS angesichts des stattlichen Gewichtes von 1200 kg nicht besonders eindrucksvoll anhören: Die Beschleunigung fühlt sich anders an. Und auch Landstraße sind kein Problem – spätestens, wenn die Verbrauchsanzeige einen Durchschnittsverbrauch von 10 kW/100km ausweist, treibt es das Lächeln ins Gesicht…
Die längere Wochenendtrip nach Dresden ausschließlich über Autobahn war dann durchaus ein Härtetest, ist dies nun wirklich nicht die Kernkompetenz des Kleinen. 212 km je Tour standen an, vorsichtshalber ein kurzer Ladestopp, um dann am Ziel voll zu laden. Die Reisegeschwindigkeit lag bei 110 km/h mit Luft nach oben und nach unten.
Die Fahrt war entspannt, das Tempo entspricht dem zügigen Wohnwagentempo. Ähnlich vorausschauend sollte man auch Überholvorgänge gestalten, was dann Überlegungen zu Tempolimits durchaus differenzierter betrachten lässt.
Ein wenig Aufregung dann bei der Suche nach einer Lademöglichkeit so 50km vor Dresden mit (nur noch) 80km Reichweitenanzeige. Den nächsten Rasthof mit ausgewiesener Lademöglichkeit angesteuert, Säule gesucht, 1 (in Worten: Eine!) gefunden. Eingestöpselt und Karte an Terminal gehalten: Und jetzt??? Der schicke Bildschirm zeigt in die pralle Sonne – außer Schwärze nix zu sehen. Die einzigen Knöpfe haben ihre Erläuterung offenbar auch auf dem Bildschirm – ganz toll! Wer die Ladesäule bzw. den Bildschirm so hingestellt hat??? Das Problem tauschte auf der Rücktour auch auf – da war ein ganz Schlauer am werkeln…
OK, irgendwie gings dann. Nach einer knappen halben Stunde Pause hats dann gereicht. Der Aufenthalt in der prallen Sonne wie auch die kWs. Bis Dresden langt es…
Ankunft dort ohne Probleme. Einchecken und Lademöglichkeit um die Ecke gesucht und gefunden (am Hotel zwar gratis AC, aber Parken zu Zimmerpreisen?) Der gefundene Lader (öffentlicher Parkplatz mit 6 Säulen) machte seine Sache gut, anschließendes Umparken nach dem Spaziergang an der Elbe war kein Problem (und kostete nix!).
Die Rückfahrt gestaltete sich dann ohne besonderen Vorkommnisse. Vorm Ring nochmal eine Kurzladung eingeschoben: Die erste Anfahrt an der einzigen Ladesäule der ansonsten großen Tanke blieb erfolglos: 1. siehe oben, 2. ohne Funktion (was ja nicht erkennbar war…). Also weiter und runter zu einem Autohof, an dem sich dann das elektromobile Schlaraffenland entfaltete: 6 Schnellladesäulen unter einer schattenspendenden Überdachung!! Und wie schnell: Der Kleine zog bis zu 38kW/h, was den Aufenthalt auf 15min beschränkte – fast 100km Reichweite geladen!! So muss es sein.
Mit etwas Risikobereitschaft hätten wir die Touren sogar ohne Zwischenstopp geschafft, wie sich beim Nachrechnen ergab: Die Schlussstrecken durch die Stadt (sowohl Dresden wie auch Berlin) hatten den Kleinen ja in seine Komfortzone gebracht und damit die Restreichweite erhöht.
Fazit: Auch das geht!
So sind wir jetzt nach E-mobilitätsmäßig ereignislosen Jahren im anno domini 2025 angekommen ich kann weiterhin sagen, dass das System funktioniert. Hinsichtlich der Reichweite gab es bisher auch für meine skeptische bessere Hälfte auch bei Ausflügen ins Umland nie Probleme – weder bei der Zuverlässigkeit, noch der Reichweite.
So gesehen hat sich das Konzept bewährt und wird durch die tatsächlich unschlagbaren laufenden Kosten richtig gut. Selbst die hohen Strompreise tun dem keinen Abbruch – ist die Verbrenneralternative doch noch weitaus teurer. Und nach immerhin gut 5 Jahren ist kein Unterschied in der Batteriekapazität erkennbar.
Das bisher Aufwendigste in der Wartung war/ist der Räderwechsel Sommer-Winter. So kanns bleiben!
To be continued…
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